Nacht der Chöre 22. Juni 2024
Kühler Abend und heiße Rhythmen
Nachlese zur Deutsch-Brasilianischen Nacht der Chöre am 22. Juni in Kastellaun
Die dritte Nacht der Chöre des Kreis-Chorverbands Hunsrück brachte am Samstag, dem 22. Juni
rund 400 Sängerinnen und Sänger in 16 Chören unter dem Dirigat von 4 Chorleiterinnen und 6
Chorleitern auf die Kastellauner Burg. Durch die pünktliche Taktung der Auftritte verliefen die
Wechsel zwischen den beiden Auftritts-Orten Burgbühne und Katholische Kirche auch für die
zahlreichen Besucherinnen und Besucher reibungslos. Und Menschen mit eingeschränkter
Mobilität stand im Unterschied zu früheren Veranstaltungen ein Fahrdienst zur Verfügung. Kreis-
Chorverbands-Vorsitzender Norbert Winter konnte zum Auftakt den Präsidenten des Landes-
Chorverbandes Karl Wolf, die Kastellauner Beigeordnete Annette Kramb in Vertretung des
Schirmherrn der Veranstaltung, Bürgermeister Keimer sowie Landrat Volker Boch begrüßen.
Dieser bedankte sich ausdrücklich für die thematische Ausrichtung als Deutsch-Brasilianische
Nacht im Jubiläumsjahr der Auswanderung nach Brasilien und den eigens aufgestellten Projekt-
Chor „Hoffnungsland“ unter Leitung von Kreis-Chorleiterin Christina Hargittay. Mit vier Liedern
eröffnete dieser den Reigen der Vorträge. Sie erzählten vom „stolzen Schiff“, das die besten
Arbeitskräfte forttrug und vom gepackten „Wagen vor der Tür“ zum Aufbruch in eine höchst
ungewisse Zukunft. Sie ließen im Hunsrücker Dialekt des Peter Joseph Rottmann den „alten
Bauern“ zu Wort kommen, der vor „Bresilje“ warnte und träumten von „dem Tag, den alle
ersehnen“, an dem alle Menschen in Frieden und Freiheit leben. Die Sätze dieser Lieder waren
allesamt vom Chorverband in Auftrag gegebene neu geschaffene Werke der Komponisten Carsten
Braun und Joachim Schreiber. Das Publikum ließ sich davon und dank der fein ausgesteuerten
quadrophonischen Übertragungsanlage ins Thema einstimmen und lauschte auch gerne
aufmerksam Beiträgen wie „Freiheit“ (Gemischter Chor Horn), „Leaving on a jet plane“ (Kreuz und
Quer Beltheim) und „Mas que nada“ (Heartchor). Ebenso klangvoll wie auf der Burgbühne
präsentierten Chöre im sakralen Raum der Pfarrkirche Beiträge zum Thema Heimat
Auswanderung und Migration wie „Griechischer Wein“ (Chorgemeinschaft MGV Kirchberg-
Nannhausen-Nickweiler), „Bridge over troubled water“ (DaChor Ellern), „Heute hier- Morgen dort“
(Sing For Fun, Sargenroth), „Adiemus“ (Kirchenchor Mittelstrimmig), „Time to leave“ (ChoriSIMa),
oder „Über sieben Brücken musst du geh´n“ (Chorgemeinschaft Blankenrath-Liesenich). Der
thematische Bezug ließ die Chöre auch interessante Details darstellen. So konnten die
Zuhörerinnen und Zuhörer erfahren, dass das „Hussje“ im Hunsrückerisch soviel wie
Gerichtsvollzieher heißt und der Corona-Hit „Wellerman“ auf eine Auswanderer-Familie aus dem
Westerwald, umgangssprachlich „Wäller“ zurückgeht. Anhand der aktuellen Chor-Namen lässt sich
feststellen, dass der klassische Orts-Chor wie „Männergesangverein Eintracht“ zugunsten
kreativer Ensembles schwindet. Diese heißen jetzt „S(w)inging people“, „TonArt“, „Taktvoll“ oder
„DaCapo“ und versuchen so, neue Sängerinnen und Sänger anzulocken. Schnell und kurzweilig
ging der Abend vorbei und die Frühsommer-Kühle ließ manche nach Jacken und Decken suchen.
Da kam als gelungenes Highlight der Chor „Vozes do brasil“ unter Leitung des brasilianischen
Komponisten und Arrangeurs Jean Kleeb auf die Bühne. Nun waren Samba und Bossa Nova
angesagt! Das Publikum wurde im wahrsten Sinn des Wortes angefeuert und zum Mitmachen bei
Lieder wie Cai cai balão – Capelinha de Melao – Pula Fogueira animiert. Vozes do Brasil widmet
sich den Wurzeln der afro-brasilianischen Musik und der Maestro steuerte selbst die
Percussion zu seinem furiosen Klavierspiel bei. So landete die Nacht der Chöre beim multi-
kulturellen Lebensgefühl des heutigen Brasiliens. Chöre werden auch im Hunsrück mehr
und mehr Schmelztiegel vieler Herkünfte und zugleich Quelle weiterer thematischer
Inspirationen sein.